Published:
September 18, 2025
Updated:

Engpassmanagement

Engpassmanagement, auch unter Redispatch oder Lastmanagement bekannt, spielt eine Schlüsselrolle in der europäischen Energiewende. Länder wie Deutschland, Großbritannien und die Niederlande nutzen eine Mischung aus Regulierung, Flexibilitätsmärkten und intelligenten Technologien, um Netzüberlasten zu vermeiden. Die Optimierung von Ladehubs und Home-Energy-Management-Systeme (HEMS) sind wichtige Hebel, die Endkund:innen befähigen, unterstützen Netzbetreiber dabei mehr eneruerbare Energieressourcen zu integrieren und zugleich Kosten und Risiken zu minimieren.

Was ist Engpassmanagement und wie entlastet es unsere Stromnetze?

Engpassmanagement, auch als Lastmanagement oder Netzengpassmanagement bekannt, fasst alle Techniken im Energiesektor zusammen, die Überlasten im Stromnetz verhindern. Eine Überlast entsteht, wenn die Nachfrage oder die Einspeisung an die Kapazitätsgrenzen des Netzes stößt.

Einfach ausgedrückt, geht es beim Engpassmanagement darum, das Netz stabil zu halten, wenn zu viele Teilnehmer:innen gleichzeitig handeln. In der Regel ist die Netzkapazität stabil, jedoch entstehen Probleme, wenn zu viel Energie gleichzeitig verbraucht und eingespeist wird.

Da Wind- und Solarenergie nicht konstant erzeugt werden, produzieren sie oft ähnliche Leistungsmuster. Gleichzeitig reagieren Prosumer:innen und Endkund:innen auf die gleichen Marktpreise, wodurch Lastspitzen entstehen können. Die Aufgabe des Engpassmanagements ist es, diese Überlappungen auszugleichen und eine Überlast von Stromleitungen, Transformatoren und Netzanschlusspunkten (NAP) zu verhindern.

Netzengpässe und die Herausforderungen für die Netzinfrastruktur verstehen

Ein Netzengpass kann auf zwei Arten entstehen: als Übertragungslimit, bei dem Hochspannungsleitungen einem Flaschenhals ähneln, oder als Verteilungsengpass, der lokale Mittel- und Niederspannungsnetze betrifft (zum Beispiel in einem Wohngebiet). In beiden Fällen müssen Netzbetreiber eingreifen, um Schäden und Stromausfälle zu verhindern. Sobald mehr Strom durch ein Netzsegment fließt, als dessen Kapazität zulässt, droht eine Überlast, die technische Anlagen gefährden und die Versorgungssicherheit beeinträchtigen kann.

Netzengpässe und die Herausforderungen für die Netzinfrastruktur verstehen

Regionales Ungleichgewicht gestaltet die aktuelle Situation noch komplexer: Die Erzeugung erneuerbarer Energien hängt vom Wetter in bestimmten Regionen ab, während die Nachfragespitzen oft ganz woanders auftreten. Das bedeutet, dass das Netz riesige Strommengen über weite Strecken transportieren muss, wodurch das System zusätzlich belastet wird.

Traditionell bestanden die einzigen Lösungen in kostspieligen Infrastruktur-Upgrades in Form neuer Leitungen oder Transformatoren oder durch die Abschaltung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen in den betroffenen Gebieten. Doch mit dem schnellen Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Elektrifizierung des Verkehrs und der Wärmeversorgung in Westeuropa treten diese Ungleichgewichte vermehrt auf. Daher werden intelligentere und schnellere Lösungen benötigt, die über den bloßen Bau neuer Leitungen hinausgehen.

Der Begriff Engpassmanagement wird im europäischen Kontext als Sammelbezeichnung für alle Maßnahmen verwendet, mit denen Netzengpässe vermieden oder behoben werden. In Großbritannien spricht man in diesem Zusammenhang von “Constraint Management", das dort häufig synonym zum Begriff “Congestion Management" genutzt wird. Gemeint ist in allen Fällen derselbe Ansatz: Netzengpässe aktiv zu steuern, um Überlasten zu verhindern und die Integration erneuerbarer Energien zu ermöglichen.

Die Dringlichkeit ist offensichtlich: Ohne wirksames Engpassmanagement droht die Energiewende ins Stocken zu geraten. Der massive Ausbau von Solar- und Windkraft sowie neue Großverbraucher wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen können lokale Netze schnell überlasten. In den folgenden Abschnitten beleuchten wir daher die zentralen Engpass-Herausforderungen in Westeuropa und stellen moderne Strategien vor – von Marktreformen bis zu digitalen Energiemanagementsystemen –, die zu ihrer Bewältigung beitragen.

Engpassmanagement in Westeuropa

Westeuropäische Länder sind unterschiedlich ausgeprägt mit Netzüberlasten konfrontiert. Alle müssen jedoch ehrgeizige Dekarbonisierungsziele mit Kapazitäten ihrer Infrastruktur in Einklang bringen. Im Folgenden zeigen wir Beispiele aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden. Drei Märkte, die Unterschiedlich mit Netzengpässen umgehen:

Deutschland: Erneuerbare Energien und neue Steuerungsmöglichkeiten

Der massive Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland belastet sowohl die Übertragungsnetze als auch die Verteilnetze erheblich. Im Übertragungsnetz übersteigt die Windstromproduktion im Norden häufig die Kapazität der Leitungen in den industriestarken Süden. Dies macht teure Redispatch-Maßnahmen und Abregelungen in Milliardenhöhe notwendig. Auf lokaler Ebene führen der schnelle Zubau von Photovoltaikanlagen auf Dächern, die wachsende Zahl von Ladestationen für Elektrofahrzeuge sowie der verstärkte Einsatz von Wärmepumpen zunehmend zu Engpässen in den Niederspannungsnetzen – mit ähnlichen Herausforderungen wie im britischen Markt.

Zwei regulatorische Instrumente begegnen diesen Herausforderungen jedoch. Paragraf 9 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (§9 EEG) ermöglicht es den Netzbetreibern, die Netzeinspeisung von erneuerbaren Energieanlagen vorübergehend zu drosseln, wenn die lokale oder regionale Netzkapazität überschritten wird. Diese gezielte Abregelung – meist bei Photovoltaik(PV)- und Windanlagen – verhindert Überlastungen und stabilisiert die Spannung, ohne die gesamte Anlage abzuschalten.

Engpassmanagement in Westeuropa

Zweitens ermächtigt § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (§14a EnWG) die Verteilnetzbetreiber (VNB), flexible Stromverbraucher wie Ladestationen und elektrische Heizungen bei Netzüberlastungen zu drosseln. Die seit 2024 in Kraft getretene Regelung schreibt vor, dass neue Großverbraucher in der Lage sein müssen, Steuerungssignale der Versorgungsunternehmen zu empfangen und darauf zu reagieren.

Die Umsetzung stützt sich auf intelligente Messsysteme und standardisierte Schnittstellen. Ein EV-Lader oder eine Wärmepumpe kann so zum Beispiel automatisch pausieren oder die Leistung reduzieren, wenn der DSO ein Abregelungssignal sendet. Unternehmen wie gridX demonstrieren „Behind-the-Meter“-Lösungen , die solche Signale in Echtzeit verarbeiten und Haushaltsgeräte anpassen, während Komfort und Versorgung gesichert bleiben. Endkund:innen, die sich für § 14a entscheiden, profitieren von niedrigeren Netzentgelten und tragen dazu bei, lokale Überlastungen zu vermeiden.

Zusammen bilden § 9 EEG und § 14a EnWG einen regulatorischen Rahmen für das Engpassmanagement, der sowohl angebots- als auch nachfrageseitige Flexibilität nutzt, um den Ausbau erneuerbarer Energieressourcen und die Elektrifizierung zu fördern, ohne auf langwierige Netzausbauten warten zu müssen.

Großbritannien: Engpässe mit Märkten und Flexibilität managen

In Großbritannien ist mit Überlasten sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene konfrontiert. Das britische Übertragungsnetz – insbesondere die Nord-Süd-Korridore – kann oft nicht den gesamten in Schottland erzeugten Windstrom zu den Verbrauchszentren im Süden transportieren. Während Interkonnektoren nach Europa, wie der North Sea Link nach Norwegen oder der IFA nach Frankreich, durch Importe und Exporte für Flexibilität sorgen, werden die internen Übertragungsengpässe oft zu einem limitierenden Faktor.

Die Folge sind kostspielige „Constraint Payments“: Der nationale Netzbetreiber (Electricity System Operator, ESO) zahlt den Windparks regelmäßig für die Abregelung ihrer Leistung, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Allein im Jahr 2022 wurden über 215 Millionen Pfund an Windstromerzeuger für die Abregelung gezahlt, zusätzlich zu den 806 Millionen Pfund aus den beiden vorangegangenen Jahren.

Diese Engpasskosten werden letztlich auf die Endkund:innen umgelegt und beliefen sich in den vergangenen Jahren auf über eine Milliarde Pfund. Das verdeutlicht die Dringlichkeit neuer Lösungen, die über das bloße Abschalten erneuerbarer Energien hinausgehen. Die britische Regierung und die Regulierungsbehörde prüfen deshalb Reformen wie das „Nodal Pricing“ (standortbasierte Preisbildung), das Anreize für eine sinnvollere Standortwahl der Stromerzeugung schaffen und den Netzausbau beschleunigen soll. Kurzfristig setzen Netzbetreiber:innen jedoch verstärkt auf die Nutzung von Flexibilität im Verteilnetz, um Engpässe dynamischer und kosteneffizienter zu managen.

Britische Verteilnetzbetreiber (VNBs) entwickeln sich zunehmend zu Systembetreibern, indem sie lokale Flexibilitätsmärkte aufbauen. So hat UK Power Networks – der VNB für London und Südostengland – mehr als 40 „Flexibility Zones“ eingerichtet. Dort arbeitet das Unternehmen mit Marktteilnehmer:innen oder Aggregatoren zusammen, die bei Bedarf Nachfrage oder Einspeisung anpassen können. Landesweit haben VNBs bereits Hunderte Ausschreibungen für Dienstleistungen wie Lastspitzenkappung oder Lastverschiebung durchgeführt und zahlen den Teilnehmer:innen dafür, dass sie ihren Verbrauch reduzieren oder lokale Generatoren starten, wenn das Netz unter Spannung steht. Dieses marktorientierte Engpassmanagement ermöglicht es den Verteilnetzbetreibern, Engpässe zu kritischen Zeiten gezielt zu beheben und die Notwendigkeit sofortiger physischer Netzausbauten hinauszuschieben.

Auch Photovoltaik(PV)-Anlagen, Batteriespeicher und Wärmepumpen werden für das Engpassmanagement immer wichtiger. Technische Standards wie die „Engineering Recommendation G100“ ermöglichen es Endkund:innen, PV und Batteriespeicher mit Einspeiselimitern anzuschließen, die die Netzeinspeisung begrenzen und so Überlastungen verhindern. In Haushalten können mit einem HEMS gekoppelte intelligente Wärmepumpen und Batteriespeicher  die Nachfrage verschieben oder erneuerbare Energie für eine spätere Nutzung speichern, wodurch Haushalte zu flexiblen Anlagen werden. Im Vereinigten Königreich werden somit Marktmechanismen mit technischen Standards und digitalen Funktionen kombiniert: Flexibilität wird als Ressource beschafft, und intelligente Controller sorgen dafür, dass sowohl große erneuerbare Energieanlagen als auch kleine Technologien das Netz unterstützen, anstatt es zu belasten.

Die Niederlande: Überlastete Netze und innovative dynamische Stromverträge

Nirgendwo in Europa sind die Netzüberlastungen sichtbarer als in den Niederlanden. Mit einer der weltweit höchsten PV-Dichten und einer sich schnell elektrifizierenden Wirtschaft hat die niederländische Netzinfrastruktur Mühe, mitzuhalten. Anfang 2025 standen über 12.000 Unternehmen aufgrund erschöpfter Netzkapazitäten auf Wartelisten für neue oder erweiterte Stromanschlüsse.

Dies hat sich zu einem nationalen Problem entwickelt, das sowohl die Klimaziele als auch das Wirtschaftswachstum bedroht. Die niederländische Regierung hat in Partnerschaft mit Netzbetreibern und Regulierungsbehörden 2022 ein Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Netzengpässen ins Leben gerufen und setzt nun über 100 Maßnahmen zur Entschärfung der Lage um. Diese Maßnahmen reichen von der Beschleunigung des Baus von Umspannwerken bis hin zum Abbau von Bürokratie. Ein zentraler Schritt ist jedoch die netzdienliche Nutzung des bestehenden Netzes.

Ein innovatives Instrument sind flexible Anschlussverträge. Nach einer neuen Regelung, bekannt als „ATR85“, erhält ein Unternehmen 85 Prozent der angeforderten Netzkapazität. Im Gegenzug werden die Netzentgelte um bis zu 50 Prozent gesenkt, und der Kunde erklärt sich bereit, dass seine Versorgung in bis zu 15 Prozent der Zeit gedrosselt werden kann, wenn das Netz unter Spannung steht.

Solche Verträge (geeignet für Standorte, die über Notstromaggregate oder Batteriespeicher verfügen) beschreiben im Grunde das Engpassmanagement: Das Versorgungsunternehmen kann den Verbrauch eines Großverbrauchers in überlasteten Stunden vorübergehend drosseln, und Verbraucher:innen werden durch einen günstigeren Tarif entschädigt. Parallel dazu haben die Niederlande im Januar 2025 die zeitvariable Preisgestaltung für Großverbraucher im nationalen Stromnetz eingeführt, um Lastenverschiebungen in verbrauchsarme Zeiten zu fördern.

Die niederländischen VNBs und ÜNBs haben gemeinsam die Plattform GOPACS entwickelt, um Flexibilität zu handeln und Netzengpässe zu lösen. Über GOPACS können die Netzbetreiber drohende Engpässe bereits einen Tag im Voraus erkennen und über einen Marktmechanismus gezielt Nachfragereduzierungen oder lokale Erhöhungen der Erzeugung einkaufen. Dieser koordinierte Ansatz, verbunden mit einer Energiehandelsplattform in Amsterdam, schafft effektiv einen lokalisierten Engpassmarkt – ein Modell, das mittlerweile auch von anderen EU-Ländern beobachtet wird.

Moderne Strategien zur Bewältigung von Netzengpässen

Energiemanagementsysteme (EMS)

Energiemanagementsysteme (EMS) kombinieren Software und Hardware, um dezentrale Energieressourcen (DERs),wie PV-Anlagen, Batteriespeicher, Ladestationen und steuerbare Verbraucher in Echtzeit zu koordinieren. In Gewerbebetrieben, Lade-Hubs und Flottendepots überwacht ein EMS den Verbrauch, die Erzeugung und die Speicherung und steuert die Anlagen dynamisch, um den Verbrauch innerhalb der vertraglich vereinbarten Grenzen zu halten und Überlastungen zu vermeiden.

Für EV-Flotten ist ein EMS von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Fahrzeuge bei Bedarf geladen werden, ohne die Kapazität des Standorts zu überschreiten. Es kann die Ladung nach Abfahrtsplänen, Ladezustand der Batterie oder Routenanforderungen priorisieren und nicht dringende Ladevorgänge verzögern, um sie an Nebenzeittarife oder an die hohe Eigenstromproduktion anzupassen. In Verbindung mit einem Batteriespeicher kann das EMS Lastspitzen abfedern, indem die Batterie bei hohem Verbrauch entladen und wieder aufgeladen wird, wenn das Netz weniger ausgelastet ist.

Diese Orchestrierung schützt nicht nur Transformatoren und lokale Leitungen, sondern maximiert auch die Fahrzeugverfügbarkeit, senkt Betriebskosten und verhindert Strafen, die bei Überschreitung von Netzanschlussgrenzen drohen. Für Betreiber von Ladestationen (CPOs) und Flottenbetreiber können EMS-Plattformen zudem die Teilnahme an Flexibilitätsmärkten ermöglichen. Also das Angebot von Bedarfsreduzierung oder gespeicherter Energie an das Netz, wodurch Einhaltung von Regularien zu einer zusätzlichen Einnahmequelle wird.

Home Energy Management Systems (HEMS) für Unternehmen und Endkund:innen

HEMS wenden die EMS-Prinzipien auf Haushalte oder kleine Unternehmen an. Ein HEMS gibt Endkund:innen Einblick in ihren Energieverbrauch und ermöglicht es ihnen, den Betrieb von Geräten und das Laden von EVs für optimale Zeiten zu planen, um Kosten zu sparen und Lastspitzen zu reduzieren. Durch die Integration von Haushaltsgeräten – von Wärmepumpen bis hin zu PV-Anlagen und Batteriespeichern – kann ein HEMS die Nachfrage als Reaktion auf Preissignale oder Netzbedingungen automatisch anpassen.

Zum Beispiel kann ein HEMS das Laden eines EVs oder das Aufheizen von Wasser verzögern, bis die PV-Produktion am Mittag ihren Höhepunkt erreicht oder die Nebenzeiten in der Nacht beginnen. Diese Koordination hilft Haushalten, kostspielige Service-Upgrades zu vermeiden, wenn neue elektrische Lasten hinzukommen, indem ihr Nachfragesprofil geglättet wird.

In der Summe verwandelt die flächendeckende Einführung von HEMS Haushalte und kleine Unternehmen in aktive Netzteilnehmer:innen, die die lokale Spannungsstabilität unterstützen und sogar Flexibilitätsdienstleistungen durch Demand-Response-Programme für das Netz erbringen.

Moderne Strategien zur Bewältigung von Netzengpässen

Demand-Response-Programme

Demand-Response-Programme schaffen Anreize für temporäre Änderungen des Stromverbrauchs oder automatisieren diese, um das Netz in Spitzenzeiten zu entlasten. Durch dynamische Preisgestaltung oder direkte Vereinbarungen zur Laststeuerung verschieben die Endkund:innen flexible Lasten, wie das Laden von Elektroautos, die Nutzung von Klimaanlagen oder industrielle Prozesse, in verbrauchsarme Zeiten oder reduzieren sie während kritischer Spitzen. Diese Anreizstrategien glätten die gesamte Nachfragekurve, verbessern die Netzstabilität und verringern das Risiko lokaler Engpässe.

HEMS spielen eine direkte Rolle bei der Umsetzung der Nachfragesteuerung in privaten Haushalten. Durch die Verbindung mit Geräten, EV-Ladern, Batterien und Heizsystemen kann ein HEMS Lasten automatisch anpassen oder pausieren, um auf Preissignale oder DSO-Befehle zu reagieren. Ein HEMS könnte beispielsweise das Laden von Elektrofahrzeugen auf den späten Abend verschieben, ein Haus vor einer Spitzenzeit vorheizen oder gespeicherte Batterieenergie nutzen, anstatt während Engpasszeiten aus dem Netz zu ziehen.

Durch die Senkung der Spitzenlasten und das Auffüllen der Täler wird für Energieversorger vermieden, teure und oft „schmutzige“ Spitzenlastkraftwerke zu betreiben, und der Ausbau von Leitungen und Umspannwerken kann aufgeschoben werden. Ob im industriellen Maßstab durch EMS oder im Haushaltsmaßstab durch HEMS, diese Maßnahmen halten das Netz effizienter, indem die verfügbare Kapazität über den Tag gleichmäßiger genutzt wird.

Integration von Energiespeichern

Die Integration von Energiespeichern in das Netz ist eine der effektivsten Möglichkeiten, Engpässe zu managen. Batteriespeicher, von großen Einheiten im Netzmaßstab bis hin zu Heimenergiespeichersystemen (BESS) ,können geladen werden, wenn überschüssige Energieerzeugung oder eine geringe Nachfrage besteht, und dann entladen werden, wenn das Netz an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Dies puffert das Netz ab, glättet Lastspitzen und verhindert Überlastungen von Leitungen und Transformatoren.

Wenn durch ein EMS in Gewerbebetrieben oder ein HEMS in Haushalten koordiniert, können Batteriespeicher in verbrauchsschwachen Zeiten oder bei hoher Eigenerzeugung geladen und in Spitzenzeiten entladen werden, um den Strombezug aus dem Netz zu reduzieren. In Haushalten kann ein HEMS die BESS auch mit PV-Anlagen auf dem Dach kombinieren, um den Eigenverbrauch zu maximieren, eine Notstromversorgung bei Ausfällen zu gewährleisten und an Demand-Response-Programmen teilzunehmen, indem sie gespeicherte Energie liefern, anstatt aus dem Netz zu beziehen.

Diese Flexibilität verhindert nicht nur Engpässe, sondern nutzt auch erneuerbare Energie effizienter, die andernfalls abgeregelt werden müsste. Die Kombination von Batteriespeichern mit Solarparks in überlasteten Gebieten ermöglicht es beispielsweise, überschüssige Erzeugung am Mittag zu speichern und später in das Netz einzuspeisen, wodurch mehr nachhaltige Energie über einen begrenzten Anschluss eingespeist werden kann. An E-Mobility-Standorten ermöglicht die virtuelle Netzerweiterung den Ladepunktbetreiber:innen, die physischen Netzgrenzen zu überschreiten, indem sie BESS und lokale PV intelligent integrieren und nutzen. In Verteilnetzen können Batteriespeicher auf Quartiersebene und aggregierte BESS für Haushalte abendliche Spitzenlasten abfangen,wenn viele Anlagen und EVs gleichzeitig laufen und die Schaltkreise in der Nachbarschaft entlasten. Der strategische Einsatz von Speichern unter der Kontrolle von EMS und HEMS erhöht die effektive Kapazität der bestehenden Infrastruktur und unterstützt gleichzeitig die Dekarbonisierung, indem sie die Versorgung mit erneuerbaren Energien stabilisiert.

Experten-Einblicke in das Engpassmanagement

Zusammenfassend betonen Branchenexpert:innen, dass ein effektives Engpassmanagement eine Herausforderung in eine Chance für die Energiewende wandelt. „Intelligente Energiemanagementlösungen ermöglichen es uns, aus Netzengpässen eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten zu machen“, sagt Carsten Schäfer, Senior Product Manager Innovation bei gridX, Europas führendem Smart-Energy-Unternehmen.

„Durch die dynamische Steuerung von Anlagen wie EV-Ladern, Wärmepumpen und Batteriespeichern können wir lokale Überlastungen und kostspielige Aufrüstungen verhindern und gleichzeitig die Energiekosten für Endkund:innen senken. Mit anderen Worten: Was als Maßnahme zur Netzsicherung beginnt, treibt die Innovation voran – es macht die Endkund:innen zu aktiven Teilnehmer:innen und eröffnet neue Einnahmequellen in den Flexibilitätsmärkten.“

Schäfers Erkenntnis unterstreicht ein zentrales Thema: Digitale, flexible Ansätze für das Engpassmanagement können sowohl die Netzzuverlässigkeit sichern als auch einen Mehrwert für Unternehmen und Haushalte schaffen. Die Erfahrung in Westeuropa zeigt, dass mit der richtigen Mischung aus Regulierung, Technologie und Marktanreizen das Engpassmanagement nicht nur dazu dient, Probleme zu vermeiden, sondern auch eine nachhaltige und intelligente Energiezukunft zu ermöglichen.